Friesen, Martin C.

geb. am 6. Oktober 1889 in Osterwick (heute Bothwell), Manitoba, Kanada, gest. am 7. April 1968 Loma Plata (Kolonie Menno), Paraguay; Prediger und Ältester.

Martin C. Friesen ist am Red River in Südmanitoba geboren. Seine Eltern waren Cornelius T. und Katharina Friesen, die 1875 noch als Jugendliche aus Russland (Kolonie Bergthal) nach Manitoba kamen. Seine Mutter starb, als er 17 Jahre war; sein Vater heiratete wieder, so dass zwei Familien mit insgesamt 14 Kindern zusammengebracht wurden. Er heiratete seine Stiefschwester Elisabeth Wiebe. Aus dieser Ehe gingen vier Töchter und vier Söhne hervor. Friesen besuchte die Elementarschule bzw. Dorfschule der Gemeinde, wo er eine nur sehr einfache Elementarausbildung erhielt. Später beschäftigte er sich eingehend mit Selbststudien, besonders im Fach der Theologie.

1924 wurde er in der Chortitzer Mennonitengemeinde als Prediger gewählt und 1925 als Ältester eingesegnet. Als Ältester diente er bis 1965. Prediger war er bis zu seinem Tod. Im Jahre 1927 wanderte er nach Paraguay aus, wo er Mitbegründer der Kolonie Menno im Chaco war. Er stand in leitender Stellung sowohl bei der Auswanderung als auch bei der Gründung und Entwicklung dieser Kolonie. Er brachte schon von Kanada her Überlegungen zu schulischen und gemeindlichen Reformen mit. Allerdings nahmen diese Reformen nur sehr langsam Gestalt an. Allmählich aber erfuhr die Gemeinde dann doch tief greifende Wandlungen. Spaltungen konnten verhindert werden.

Friesen besaß einen milden und sanften, aber sehr festen, starken und zähen Charakter, der in seiner Funktion als Gemeindeleiter oft zu Tage trat. Er hatte die Fähigkeit, Frieden zu stiften, und war ein Mann festen, biblisch gegründeten Glaubens. Er wurde immer wieder gerufen, um Streitigkeiten zwischen Gemeindegliedern zu schlichten. Er war ein Moses eigener Prägung für sein Volk, ein starker Führer mit einem väterlichen Vorgehen, er handelte und diente mit Liebe und Geduld und bewusster Verantwortung. Diese Charaktereigenschaften beeindruckten und nötigten denen Achtung ab, die ihn kannten.

Friesen kämpfte für die ihm in der Heiligen Schrift geschenkte Erkenntnis und mühte sich, die Gemeinde auf biblischer Grundlage zu leiten und in Einheit zu erhalten. Zielbewusst und mit großer Ausdauer bemühte er sich, das geistig-geistliche Niveau der Gemeinde zu heben.

Zwei Wochen vor seinem Tode (er war herzleidend) bat er seine Kinder, dafür zu beten, dass ihm sein Leben noch bis zum 7. April erhalten bleiben möge. An diesem Tage sollte ein Abendmahl stattfinden, und er wollte der Gemeinde noch ein Abschiedswort sagen. Und so geschah es auch. Als er sich anschließend im Hospital, wo sich auch seine Frau aufhielt, zur Mittagsruhe legte, schlief er ohne jeglichen Todeskampf ein.

Martin C. Friesen hat sowohl auf geistlichem, wirtschaftlichem als auch auf schulischem Gebiet für die Entwicklung der Kolonie Menno Wichtiges geleistet. Auf geistlichem Gebiet: Er erkannte, dass es eine Erneuerung des geistlichen Lebens in der Gemeinde geben musste. Eine seiner grundlegenden Aussagen war: „Zurück zum biblischen Glauben, zu den Glaubensgrundsätzen der Väter.“ Er war besorgt um das Heiligungsleben in der Gemeinde, um Gleichgültigkeit und auch Abwesenheit der Glieder von den gottesdienstlichen Versammlungen. Friesen fing an, Bibelstunden abzuhalten. Er war damit nicht aufdringlich. Freiwillige durften kommen. Man fing mit den Jugendstunden an und auch mit den Übungen des Chors. Der Gemeindegesang wurde durch neuere Gesangbücher verbessert.

Auf wirtschaftlichem Gebiet: Friesen nahm an der Landvermessung und -verteilung aktiv teil. Er trug auch aktiv zur Gründung der Kooperative Chortitzer Komitee bei. Auf schulischem Gebiet: Friesen und einige andere Brüder berieten über die Verbesserung des Schulwesens. Ende der vierziger Jahre sollte es mehrere Lehrersitzungen im Jahr geben. Eine Gruppe war dafür und Friesen unterstützte sie. Diese Lehrersitzungen wurden trotz starken Widerstands durchgeführt. So entwickelte sich eine Art Studienkreis, in dem sich die Lehrer gegenseitig halfen, ihre Kenntnisse zu erweitern.

Friesen hat in seinem Amte rund 2.600 Mal gepredigt und 129 Trauhandlungen vollzogen. Viele Gemeindeglieder sind von ihm getauft worden. Er sorgte dafür, dass die Jugendlichen und die Täuflinge mehr Unterricht bekamen, auch dafür, dass die Bekehrungen echt waren und nicht zur Routine wurden. Er hat berechnet, dass er in seinem Leben etwa 4.000 Tage Gemeindearbeit geleistet hat. Noch einige Stunden vor seinem Tod hat er vor einer großen Versammlung eine ernste Abschiedsrede gehalten.

Bibliografie

Martin W. Friesen, Neue Heimat in der Chacowildnis, 2. Aufl., Asunción 1997. - Geschichtskomitee von Menno zum 80. Jubiläum der Kolonie Menno (Hg.), Glaube und Schule unserer Väter, 2007.

Literatur

Delbert Q. C. Plett und Adina Reger, Diese Steine. Die Russlandmennoniten, Steinbach, Manitoba, 2001, 605–609. - Heinrich Ratzlaff, Ältester Martin C. Friesen – Ein Mann, den Gott brauchen konnte, hg. vom Geschichtskomitee der Kolonie Menno, 2007.

Uwe S. Friesen

 
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